Süßer Wein

Schmeckt nicht – oder doch?

Was süßen Wein und geschmackliche Vorlieben angeht, so haben wir in vielen Gesprächen mit euch die Erfahrung gemacht: Häufig glauben Weinentdecker zwar, sie würden trockene Weine mögen – wenn es aber drauf ankommt und sie zwei Alternativen im Glas haben, bevorzugen sie diejenige, die einen höheren Restzuckergehalt aufweist. Das ist auch verständlich, denn sie bietet oft ein sehr angenehmes Mundgefühl, ist insgesamt etwas „gefälliger“ und weniger kantig. Wir glauben: Süße Weine haben manchmal einen weniger guten Ruf, weil wir sie mit dem klebrigen, billigen Fusel unserer Jugendjahre in Verbindung bringen – und seither haben wir uns ja schließlich weiterentwickelt, oder nicht? Tatsächlich sollten wir genauer hinsehen: Neben Beerenauslese und Dessertwein gibt es viele tolle Weine mit höherer Restsüße. Wenn die Balance stimmt und Süße und Säure perfekt aufeinander eingespielt sind, können liebliche Rotweine und süße Weißweine ein echter Glücksgriff sein!

Lieblicher Wein, feinherb oder süß – wer blickt da noch durch?

Zugegeben, es ist nicht ganz einfach, den Überblick zu behalten, wenn es um die geschmackliche Klassifizierung von Weinen geht. Da lohnt sich ein Blick ins Deutsche Weingesetz, denn dort sind die Angaben genau geregelt.
Im Gegensatz zu Schaumweinen gelten für Stillweine folgende Werte:

Trocken

Weine, die maximal 4 g/l Restzucker enthalten, fallen in die Kategorie „trocken“. Darüber hinaus dürfen Weine mit bis zu 9 g/l Restzucker als „trocken“ bezeichnet werden, vorausgesetzt, ihr Gesamtsäuregehalt liegt maximal 2 g/l unter dem Restzuckergehalt.

Château d’Aigueville Côtes du Rhône Villages AOC, Bio ist ein typischer Vertreter trockener Weine mit einem Restzuckergehalt von unter 2 g/l

Aber auch unser Sericis Cepas Viejas Monastrell Alicante DOP ist ein trockener Wein mit 6,9 g/l Restzucker und 5,3 g/l Gesamtsäure

Es kommt also – wie eingangs beschrieben – auf das ausgewogene Verhältnis zwischen Zucker und Säure an!

Halbtrocken

Als „halbtrocken“ werden Weine bezeichnet, die bis zu 12 g/l RZ aufweisen. Allerdings gibt es auch hier eine Erweiterung: Mit bis zu 18 g/l Restzucker fällt ein Wein immer noch in die Kategorie halbtrocken, sofern der Säuregehalt den Restzucker nicht um mehr als 10 g/l unterschreitet.

Unser Amicale Rosso Veneto IGT fällt mit einem Restzuckergehalt von ca. 11,0 g/l eindeutig in die Kategorie der halbtrockenen Weine

Auch unser Romeo und Julia Bianco Veneto IGT ist ein halbtrockener Weißwein mit ca. 15,5 g/l Restzucker und ca. 6 g/l Gesamtsäure

Lieblich

Als „lieblich“ werden Weine bezeichnet, die einen Restzuckergehalt von max. 45 g/l aufweisen. Ein Beispiel hierfür ist unser Gran Castillo Tempranillo Rosé Vino Varietal mit einem Restzuckergehalt von ca. 40,0 g/l.

Süß

Bei süßen Weinen liegen die Werte über 45 g/l, so zum Beispiel bei unserem Tutiac Sauternes AOC mit einem Restzuckergehalt von ca. 90,0g/l.

Feinherb

Und was hat es nun mit der Angabe „feinherb“ auf sich, die man zum Beispiel auf dem Etikett unseres Nägelsförst Nestwärme Riesling feinherb Baden Ortenau Gutswein findet? Sie kann sowohl halbtrockene als auch liebliche Weine umfassen und ist nur für deutsche Weine aus bestimmten Regionen zulässig. Im Weingesetz ist die Kategorie allerdings nicht zu finden – deutsche Winzer von der Mosel haben sie vor einigen Jahren gerichtlich durchgesetzt, um ihre Weine besser vermarkten zu können. In ihren Augen schließt die Kategorie „feinherb“ die Lücke zwischen halbtrocken und lieblich.

Übrigens: Für Schaumweine gelten völlig andere Werte, denn durch die vorhandene Kohlensäure wird ihr Geschmack ohnehin frisch und weniger süß wahrgenommen. Die Unterschiede sind beträchtlich: Während ein trockener Wein einen Restzuckergehalt von 0 bis 4 g/l aufweist, liegt ein trockener Schaumwein bei 17 bis 32 g/l.

Wird da eigentlich Zucker zugesetzt?

Süße Weine werden häufig mit den Rebsorten Riesling, Gewürztraminer, Muskateller oder Scheurebe in Verbindung gebracht, tatsächlich sind der Kreativität aber keine Grenzen gesetzt und experimentierfreudige Winzer machen uns und euch immer wieder Lust auf Neues. Grundsätzlich gilt: Der Restzuckergehalt eines Weines hängt davon ab, wie lange der Gärprozess andauert. Lässt man ihn zum Abschluss kommen, wird der in den Trauben erhaltene Zucker vollständig in Alkohol umgewandelt und es entsteht ein trockener Wein mit geringer Restsüße. Je früher man den Gärprozess aber vorzeitig unterbricht, desto mehr Restzucker – und damit auch weniger Alkohol – verbleibt im Wein. Den Zeitpunkt für diese Einwirkung von außen kann der Kellermeister beliebig wählen – und damit maßgeblich auf den Charakter seines Weines einwirken.

Süßer Wein, süßes Leben – zugreifen!

Sauternes, Portwein und Madeira – diese süßen Weine sind den meisten ein Begriff, auch wenn sie nicht jeden Tag im Glas landen. Ganz anders die lieblichen Weine, die wir euch gerne ans Herz legen würden. Hier profitieren vor allem Weißweine, die oft etwas mehr Säure enthalten als Rotweine, von einem gewissen Süße-Kick, der ihren Gesamteindruck harmonisch ausbalanciert. Perfekt zu asiatischen Gerichten, zu Fisch und allem, was euch schmeckt. Aber auch liebliche Rotweine sind einen Versuch wert – und zwar nicht nur als Mitbringsel für den Sonntagsbesuch bei Tante Erna!